[Kapitel 1 entfernt]
Hinweis:
Das ist die gekürzte
und überarbeitete Version meiner Facharbeit. Den Text habe ich 1996 mit Word geschrieben. Manche
Formeln und Grafiken sehen deshalb verzerrt aus. Da es die Informationen aus Kapitel 1 mittlerweile
überall im Internet besser dargestellt gibt, habe ich dieses Kapitel nicht nochmal neu geschrieben.
Falls trotzdem Interesse besteht an der alten Version mit teilweise unscharfen Formeln, hier ist die
PDF-Datei: Integralrechnung.pdf
Das wichtigere Kapitel 2 habe ich neu formatiert. Die
Formeln sollten in jedem Browser korrekt angezeigt werden. Ansonsten gibt es Kapitel 2 auch im
PDF-Druckformat: Partialbruchzerlegung.pdf
Die Partialbruchzerlegung wird zur Integration gebrochenrationaler Integranden benötigt. Mit
ihrer Hilfe lassen sich alle gebrochenrationalen Funktionen integrieren. Diese Einsicht, die um 1799 aufkam,
führte zur Frage nach der Existenz von Nullstellen des Nennerpolynoms und wurde dadurch zu einem wichtigen
Motiv bei der Entwicklung des Fundamentalsatzes der Algebra.
Eine
gebrochenrationale Funktion \(s(x)\) ist als ein Quotient aus ganzrationalen stetigen Funktionen definiert:
\[ s(x)=\frac{\sum \limits _{i=0}^{n} a_{i} \cdot x^{i}}{\sum \limits _{j=0}^{m} b_{j} \cdot x^{j}}
\label{1}\tag{1} \] oder alternativ ausgeschrieben:
\[\qquad s(x)=\frac {a_{n} \cdot
x^{n} + a_{n-1} \cdot x^{n-1} + \ldots + a_{2} \cdot x^{2}+ a_{1} \cdot x + a_{0}}{b_{m} \cdot x^{m} +
b_{m-1} \cdot x^{m-1} + \ldots + b_{2} \cdot x^{2}+ b_{1} \cdot x + b_{0}} \]
Ihr Definitionsbereich ist \(D=\mathbb{R}\)∖\(B
\), wobei \(B\) die Menge der Nullstellen der Nennerfunktion ist. Der Definitionsbereich kann aufgefasst
werden als Vereinigung von endlich vielen Intervallen, in denen die gebrochenrationale Funktionen stetig
sind. Eine Stammfunktion ist folglich vorhanden.
Ist der Nenner eines Bruches eine zusammengesetzte Zahl, so lässt sich der Bruch als Summe von
Partialbrüchen darstellen. Die Nenner der Partialbrüche entsprechen den Primfaktoren des Ausgangsnenners.
\[\qquad \frac{253}{273}=\frac{1}{3} + \frac{2}{7} + \frac{4}{13} \]
Dies lässt sich analog auch für gebrochenrationale Funktionen durchführen, wobei als
Einzelnenner die linearen und quadratischen Faktoren des Nennerpolynoms auftreten. \[\qquad \frac
{x+27}{x^{2}-9}=\frac{-4}{x+3} + \frac{5}{x-3} \]
Die rationale Funktion der Gestalt \(\frac{P}{Q^{k}} \) wobei \(Q\) ein irreduzibles Polynom, \(P\) ein Polynom (\(\neq 0\)) mit dem Grad \(P\) \(<\) Grad \(Q\), und \(k\) eine natürliche Zahl ist, heißt Partialbruch.
Aus der Funktionsgleichung \[ f(x)=\frac{4}{x+3} - \frac{3}{x+2} \label{2a}\tag{2a} \] erhält
man durch Hauptnenner-Bildung leicht die äquivalente Gleichung \[ f(x)=\frac{4 \cdot (x+2)}{(x+3)\cdot
(x+2)} - \frac{3\cdot (x+3)}{(x+2)\cdot (x+3)}=\frac {4x + 8 -x -9}{x^{2}+5x +6}=\frac{3x -1}{x^{2}+5x +6}
\label{2b}\tag{2b} \]
Die Integration von Gleichung
(\(\ref{2a}\)) ist einfach: Mit Hilfe der Grundintegral-Rechenregeln ergibt sich die Stammfunktion \(F(x)=4
\ln |(x+3)| - 3 \ln |(x+2)|\).
Gleichung (\(\ref{2b}\)) lässt
sich jedoch kaum integrieren. Man muss deshalb versuchen, einen Term der Form (\(\ref{2b}\)) auf die
einfache Form (\(\ref{2a}\)) zurückzuführen, also in Partialbrüche zu zerlegen. Die Partialbruchzerlegung
wird bei der Integration angewendet, um den Funktionsterm so in eine Summe rationaler Funktionen zu
zerlegen, dass die Nenner von möglichst einfacher Gestalt sind, die dann einfacher integriert werden können.
Ist \(s(x)\) eine gebrochenrationale Funktion, so kann diese als Quotient zweier Polynome in
\(x\) dargestellt werden. Ist sie unecht gebrochen, das heißt der Grad des
Zählers ist \(\geq \) dem Grad des Nenners, so kann dieser Quotient weiter durch Polynomdivision als Summe
einer ganzen und einer echt gebrochenrationalen Funktion dargestellt werden. Einen gebrochenrationalen
Ausdruck \(\frac{f(x)}{g(x)}\) nennt man echt, wenn der Grad des Polynoms im
Zähler kleiner als der Grad des Polynoms im Nenner ist, und unecht im
umgekehrten Falle.
\(\qquad s(x)\quad=\) | \(\frac{f_{1} (x)}{g(x)}\) | = | \(r(x) \) | + | \(\frac{f (x)}{g(x)}\) |
unecht | ganzrationaler | echt | |||
gebrochenrational | Term | gebrochenrational |
Die Integration des ganzrationalen Polynoms \(r(x)\) ist mit Hilfe der Grundintegrale möglich.
Damit ist das Problem auf den echten algebraischen Bruch \(\frac{f(x)}{g(x)}\) begrenzt worden. Der Grad von
\(f\) ist echt kleiner als der von \(g\) (echt gebrochen).
Es
muss also sichergestellt werden, dass es sich um einen echt gebrochenen rationalen Integranden handelt, das
heißt der Grad des Zählerpolynoms \(f(x)\) kleiner als der Grad des Nennerpolynoms \(g(x)\) ist (\(n<m\)
in Gleichung (\(\ref{1}\))).
Ein Verfahren, einen unecht
gebrochenen Term in die Summe eines Polynoms und eines echt gebrochenen Restgliedes zu verwandelt, ist die
Zählerergänzung, die sich bei einfachen Funktionen anwenden lässt.
Beispiel:
\[\qquad
\frac{x^{3}}{x-1}=\frac {x^{3}-1+1}{x-1}=\frac{x^{3}-1}{x-1} + \frac{1}{x-1}=x^{2}+x+1+ \frac{1}{x-1} \]
Und als letzter Schritt wird die echt
gebrochenrationale Funktion so gekürzt, dass der höchste Nennerkoeffizient \(b_{m}=1\) ist.
Beispiel:
\[\qquad \frac{6x-1}{3x^{2}-4}=\frac {2x-\frac{1}{3}}{x^{2}-\frac{4}{3}} \]
Fazit:
Das Problem ist auf echt gebrochenrationale Funktionen begrenzt worden: \[\qquad
s(x)=\frac{f_{n}(x)}{g_{m}(x)} \] \(f_{n}(x)\): Zählerpolynom vom Grad n
\(g_{m}(x)\): Nennerpolynom vom Grad m
\(m>n\)
Normierung des Nenners \(g(x)\) auf höchsten Koeffizienten 1
Um die echt gebrochenrationale Funktion in Partialbrüche zu zerlegen, muss als erstes das Nennerpolynom in die Primfaktoren gespalten werden. Dieser Schritt ist einfach, wenn die Nullstellen bekannt sind, infolgedessen die Lösungsmenge der Gleichung \(g(x)=0\) bekannt ist. Die rechnerische Durchführung erhält hier eine Einschränkung, weil obwohl die Existenz der Produktdarstellung durch den Fundamentalsatz der Algebra gesichert ist, das Aussehen bekannt sein sollte, sonst ist die praktische Durchführung der Primfaktorzerlegung im allgemeinen nicht möglich.
Aus einem Polynom lässt sich der Faktor \(x-x _{i}\) ausklammern, wenn \(x _{i}\) eine
Nullstelle von \(g\) ist. Sind \(x_{1},\ldots ,x_{m}\) alle Nullstellen von \(g\), so ergibt sich durch
mehrmalige Anwendung dieses Satz und mit Hilfe des Fundamentalsatzes der Algebra:
Jede ganzrationale Funktion \(g(x)\) \(m\)-ten Grades \[\qquad g(x)=b_{m} \cdot
x^{m} + b_{m-1} \cdot x^{m-1} + \ldots + b_{2} \cdot x^{2}+ b_{1} \cdot x + b_{0} \qquad (b_{m} \neq 0) \]
kann als ein Produkt von Linearfaktoren dargestellt werden:
\[\qquad g(x)=(x-x _{1})
\cdot (x-x _{2}) \cdot \ldots \cdot (x-x _{m}) \cdot t(x) \]
Dabei sind \(x
_{1},\ldots ,x _{m}\) die Nullstellen der Funktion, sie müssen nicht verschieden sein, die Nullstelle \(x
_{1}\) kann \(\alpha _1\)-mal, \(x _{k}\) kann \(\alpha _k\)-mal vorkommen:
\[\qquad
g(x)=(x-x _{1})^{\alpha _1} \cdot (x-x _{2})^{\alpha _2} \cdot \ldots \cdot (x-x _{k})^{\alpha _k} \cdot
t(x) \]
\(g(x)\) hat \(m\)-ten Grad, also \(m=\alpha _1 + \alpha _2 + \ldots + \alpha
_k \, + \) Grad \(t(x)\)
Wenn \(m\) den Wert 2 hat, dann kann die ganzrationale Funktion 2. Grades so dargestellt
werden: \[\qquad y=g(x)=(x-x_1)\cdot (x-x_2) \] Aus \(y=0\) (Nullstellenbestimmung) folgt \[\qquad
(x-x_1)\cdot (x-x_2)=0 \] \[\qquad x^2 -x \cdot x_2 -x_1 \cdot x + x_1 \cdot x_2=0 \] \[\qquad x^2 -x \cdot
(x_1 + x_2 ) + x_1 \cdot x_2=0 \] \[\qquad x^2 +x \cdot p + q=0 \] Die letzte Umformung erfolgte mit dem
Wurzelsatz von Vieta. Dieser lautet:
Sind \(p\) und \(q\) die
Koeffizienten der quadratischen Gleichung \(x^2 +p \cdot x + q=0\) und \(x_1\) und \(x_2\) deren Lösungen.
Dann gilt: \(x_1 + x_2=-p\) und \(x_1 \cdot x_2=q\).
Deshalb
sind \((x-x_1)\cdot (x-x_2)=0\) und \(x^2 +x \cdot p + q=0\) identisch.
Beispiel:
\[\qquad x^2 -10 x +
11=0 \] \[\qquad p=-10 \qquad q=11 \] \[\qquad x_1 \cdot x_2=11 \] \[\qquad x_1 - x_2=10 \] \[\qquad x_1=11
\qquad x_2=1 \] \[\qquad (x-11) \cdot (x-1)=0 \]
\(g(x)\) ist ein Polynom ohne reelle Nullstellen, es lässt sich nicht als Produkt von
Linearfaktoren darstellen. \(x^2 +px + q=0\) hat keine Lösung. Dabei muss folgende Bedingung gelten \(4
q-p^2>0\).
Erklärung: Wenn diese Bedingung erfüllt ist,
ergibt sich bei der Berechnung für \(x_1=- \frac{p}{2} + \sqrt{\frac{p^2}{4}-q}\) und \(x_2=- \frac{p}{2} -
\sqrt {\frac{p^2}{4}-q}\) eine negative Diskriminante, die im Reellen nicht lösbar ist.
Anmerkung: Im Komplexen gäbe es eine
lineare Lösung. Das Polynom\(g\) könnte man vollständig zerlegen in Linearfaktoren\((x-z_ i)\) ,
wobei\(z_i \in \mathbb{C}\)∖\(\mathbb{R}\) ist.
Im Reellen sieht die Zerlegung
so aus:
\[\qquad g(x)=(x^2 + p_1x+ q_1) + (x^2 + p_2x+ q_2) + \ldots + (x^2 + p_nx+
q_n) \]
Auch hier kann man wieder gleiche quadratische, irreduzible Faktoren zu
Potenzen zusammenfassen. \[\qquad g(x)=(x^2 + p_1x+ q_1)^{s_1} + (x^2 + p_2x+ q_2)^{s_2} + \ldots + (x^2 +
p_nx+ q_n)^{s_n} \]
Beispiel:\[\qquad g(x)=x^4 + x^3
-2x=x \cdot (x^3 + x^2 -2) \quad \text{(Ausklammern von} (x-0)) \] \[\qquad (x^3 + x^2 -2)=(x-1) \cdot
(x^2+2x+2) \quad \text{(Ausklammern von geratener Nullstelle} x=1) \] \[\qquad \text{pq-Formel:}\quad
x_{1/2}=-1 \pm \sqrt{1-2} \quad \text{(negative Diskriminante)} \] \[\qquad (x^2+2x+2)\quad \text{hat keine reellen Nullstellen, die Zerlegung lautet:} \] \[\qquad g(x)=x\cdot (x-1)\cdot (x^2+2x+2) \]
Zusammenfassende Behauptung:
Jedes Polynom lässt sich in ein Produkt aus linearen und quadratischen Termen
zerlegen. Somit lassen sich alle rationalen Funktionen integrieren.
Beweis:
Gegeben sei das Polynom:
\(a_{n} \cdot x^{n} + a_{n-1} \cdot x^{n-1} + \ldots + a_{2} \cdot x^{2}+ a_{1} \cdot x + a_{0}\)
\(a_n \neq 0\) und \(a_i\) sind reelle Zahlen
\(p(x)\) und \(q(x)\) seien Polynome, so gibt es eindeutig bestimmte Polynome
\(v(x)\) und \(r(x)\), so dass gilt: \(p(x)=v(x) \cdot q(x) + r(x)\)
\(v(x)\) und \(q(x)\) sind von kleinerem Grad als \(p(x)\). \(r(x)\) ist entweder 0
oder vom Grad kleiner als \(p(x)\). Man kann die Polynome weiter zerlegen, bis man \(n=2\) oder \(n=1\)
erreicht hat.
\( a_{2} \cdot x^{2}+ a_{1} \cdot x + a_{0}\)
quadratischer Term
\( a_{1} \cdot x + a_{0}\) linearer Term
Von jedem Polynom, dessen Grad \(>\)2 ist, kann man solange quadratische oder
lineare Terme abspalten, bis es selbst ein quadratischer oder linearer Term geworden ist. Die irreduziblen
Polynome sind höchsten vom 2. Grad. Dies folgt aus dem Fundamentalsatz der Algebra, der besagt, dass die
über dem Körper der komplexen Zahlen irreduziblen Polynome alle linear sind. \(\blacksquare \)
Fazit:
Ist die rationale Funktion in der Form \(\frac{f(x)}{g(x)}\) mit Grad \(f\) \(<\)
Grad \(g\) gegeben, so kann das Nennerpolynom \(g\) vollständig in Faktoren der Form \((x-x_m)^{r_m}\)
und \( (x^2 + p_nx+ q_n)^{s_n}\) zerlegt werden.
\(x_m\), \(p_n\), \(q_n\) \(\in
\) \(\mathbb{R} \qquad 4q-p^2>0 \qquad r\),\(s\) \(\in \) \(\mathbb{N}\)
Grundsätzlich sind vier verschiedene Fälle zu unterscheiden, die sich nach der Beschaffenheit des Nennerterms \(g(x)\) richten:
Im folgenden werden die einzelnen Fälle separat
betrachtet. Dies geschieht, um die Unterschiede deutlich zu machen. Normalerweise beinhaltet eine
gebrochenrationale Funktion nicht nur einen einzigen Fall.
Nebenbemerkung: Fall I kann man als Sonderfall von Fall II sehen (alle Exponenten
haben den Wert 1) und Fall III als Sonderfall von Fall IV.
Wenn man den Nennerterm \(g(x)\) mit Hilfe des Fundamentalsatzes der Algebra umformt \[\qquad
g(x)=x^{m} + b_{m-1} \cdot x^{m-1} + \ldots + b_{2} \cdot x^{2}+ b_{1} \cdot x + b_{0}=(x-x_1) \cdot (x-x_2)
\cdot \ldots \cdot (x-x_m) \] sind im Fall I alle \(x_i\) Nullstellen der Funktion voneinander
verschieden.
Beispiel:
Folgende Funktion lässt sich nicht direkt integrieren und soll deshalb in
Partialbrüche zerlegt werden: \[\qquad s(x)=\frac{x+10}{x^2+5x-14} \] Mit Hilfe der pq-Formel ergibt sich:
\[\qquad x_{1/2}=-\frac{5}{2} \pm \sqrt{\Bigl (\dfrac{5}{2}\Bigr )^2 + 14}=-2,5 \pm 4,5 \] \[\qquad x_{1}=2
\qquad x_{2}=-7 \]
Also ergibt sich die Zerlegung \[\qquad
s(x)=\frac{x+10}{x^2+5x-14}=\frac{A_1}{x-2} + \frac{A_2}{x+7} \]
Um die Aufgabe abzuschließen und deutlich zu machen, welchen Nutzen diese Zerlegung
bietet, werden im nächsten Schritt mit Hilfe der später noch ausgiebig erklärten Methode des Koeffizientenvergleichs die Zähler berechnet: \[\qquad
A_1=\frac{4}{3} \qquad A_2=-\frac {1}{3} \]
Als letzter Schritt kann anhand der im
Kapitel Partialbruchintegrale vorgestellten Rechenregeln die Stammfunktion direkt
bestimmt werden:
\[\qquad \int \frac{x+10}{x^2+5x-14}\,dx=\int \frac{4}{3(x-2)}\,dx -
\int \frac{1}{3(x+7)}\,dx=\dfrac{4\ln \left (\left |x-2\right |\right )}{3}-\dfrac{\ln \left (\left
|x+7\right |\right )}{3} \]
Fazit:
Hat das Nennerpolynom nur einfache lineare Faktoren, so ist folgende Zerlegung möglich: \[\qquad \frac{f(x)}{g(x)}=\frac{A_1}{(x-x_1)} + \frac{A_2}{(x-x_2)} + \ldots + \frac{A_{\omega}}{(x-x_{\omega})} \]
Wenn man den Nennerterm g(x) mit Hilfe des Fundamentalsatzes der Algebra umformt, erhält man
in Fall II: \[\qquad g(x)=x^{m} + b_{m-1} \cdot x^{m-1} + \ldots + b_{2} \cdot x^{2}+ b_{1} \cdot x +
b_{0}=(x-x_1)^{\alpha _1} \cdot (x-x_2)^{\alpha _2} \cdot \ldots \cdot (x-x_m)^{\alpha _m} \] wobei die
Exponenten \(\alpha _i > 1\) sind.
Beispiel:
\[\qquad s(x)=\frac{x-1}{x^2+4x+4}=\frac
{x-1}{(x+2)^2} \] Der zunächst naheliegende Ansatz \[\qquad \frac{x-1}{(x+2)^2}=\frac{x-1}{(x+2) \cdot
(x+2)}=\frac{A_1}{(x+2)} + \frac{A_2}{(x+2)} \] scheitert wegen der doppelten Nullstelle \(x=-2\). Es ist
nicht möglich ein \(A_1\) und \(A_2\) zu finden, das die Gleichung erfüllt. Es ergibt sich ein unlösbarer
Widerspruch: \(A_1 + A_2=1\) und \(A_1 + A_2=-\frac{1}{2}\), außerdem könnte man die beiden Brüche
zusammenfassen zu \(\frac{A_1+A_2}{(x+2)}\) und erhält einen anderen Nenner als der Fundamentalsatz der
Algebra.
Der zielführende Ansatz muss 2 Brüche enthalten, die
verschiedene Nenner haben, und deren gemeinsamer Hauptnenner mit \(g(x)\) identisch ist.
Lösung:
Man muss den Ansatz so gestalten,
dass bei der Zusammenfassung im Nenner der Hauptnenner \((x+2)^2\) und im Zähler ein linearer Ausdruck von
\(x\) steht, das erreicht man durch: \[\qquad \frac{x-1}{(x+2)^2}=\frac{A^{[1]}}{(x+2)} +
\frac{A^{[2]}}{(x+2)^2} \]
Auch hier wieder ein Vorgriff auf später erklärte
Rechenschritte: Die Koeffizientenbestimmung ist eindeutig lösbar: \(A^{[1]}=1 \) und \(A^{[2]}=-3 \)
Zusammengefasst ist also die Lösung der Aufgabe: Integrieren
Sie:
\[\qquad \int \frac{x-1}{x^2+4x+4}\,dx=\int \frac{1}{x+2}\,dx - \int \frac
{3}{(x+2)^2}\,dx=\ln \left (\left |x+2\right |\right )+\dfrac{3}{x+2} \]
Ein weiteres Beispiel:
Der Nenner des
Integranden hat mehrfache reelle Nullstellen \[\qquad \frac{3x^4-9x^3+4x^2+34x+1}{(x-2)^3 \cdot (x+3)^2} \]
\[\qquad x_1=2 \quad x_2=2 \quad x_3=2 \quad x_4=-3 \quad x_5=-3 \]
Die Nullstelle 2
ist eine dreifache Nullstelle und die Nullstelle -3 eine zweifache Nullstelle.
Der Ansatz mit einfachen, linearen Faktoren \[\qquad \frac {A_1}{x-2} +
\frac{A_2}{x-2} + \frac{A_3}{x-2} + \frac{A_4}{x+3} + \frac{A_5}{x+3} \] ist falsch, weil \[\qquad \frac{A_1
+ A_2 + A_3}{x-2} + \frac{A_4 + A_5}{x+3} \] zu einem anderen Hauptnenner führt als der Fundamentalsatz der
Algebra: \[\qquad (x-2)(x-2)(x-2)(x+3)(x+3)=(x-2)^3 \cdot (x+3)^2 \]
Man sucht 5
Partialbrüche, die alle einen verschiedenen Nenner haben und deren Hauptnenner \((x-2)^3 \cdot (x+3)^2\)
ist.
Lösung:
\[\qquad \frac
{A_1^{[3]}}{(x-2)^3} + \frac{A_1^{[2]}}{(x-2)^2} + \frac{A_1^{[1]}}{x-2} + \frac{A_2^{[2]}}{(x+3)^2}+
\frac{A_2^{[1]}}{x+3} \]
Hinweis: Für eine doppelte reelle Nullstelle ist statt \((x-x_0)^2 \rightarrow \frac
{A^{[2]}}{(x-x_0)^2} + \frac{A^{[1]}}{x-x_0} \) auch ein anderer Ansatz denkbar, nämlich \(\frac
{Ax+B}{(x-x_0)^2}\), dieser ist aber schwer zu integrieren.
Erneut wird die Methode des
Koeffizientenvergleichs angewendet: \[\qquad A_1^{[3]}=\frac {61}{25} \qquad
A_1^{[2]}=\frac{68}{125} \qquad A_1^{[1]}=\frac{353}{625} \qquad A_2^{[2]}=-\frac {421}{125} \qquad
A_2^{[1]}=\frac{1522}{625} \]
Und damit ergibt sich mit den im späteren Kapitel Partialbruchintegrale vorgestellten Rechenregeln die Stammfunktion: \[\qquad
-\dfrac{61}{50\left (x-2\right )^2} -\dfrac{68}{125\left (x-2\right )} +\dfrac{353\ln \left (\left
|x-2\right |\right )}{625} +\dfrac{421}{125\left (x+3\right )} +\dfrac{1522\ln \left (\left |x+3\right
|\right )}{625} \]
Fazit:
Hat das Nennerpolynom mehrfache, lineare Faktoren, so ist folgende Zerlegung des Nenners
möglich: \[\qquad g(x)=(x-x_1)^{\alpha _1} \cdot (x-x_2)^{\alpha _2} \cdot \ldots \cdot
(x-x_m)^{\alpha _m} \] \(x_1\) ist eine \(\alpha _1\)-fache, \(x_2\) ist eine \(\alpha _2\)-fache,
…und \(x_m\) ist eine \(\alpha _m\)-fache Nullstelle.
Für
jede Binompotenz \((x-x_i)^n\) des Nenners müssen dann \(n\) Partialbrüche (\(n \in \mathbb{N}\)) in
den Ansatz aufgenommen werden.
Die Partialbrüche dazu
sehen folgendermaßen aus: \[\qquad \frac{A_1^{[\alpha _1]}}{(x-x_1)^{\alpha _1}} + \frac{A_1^{[\alpha
_1 -1]}}{(x-x_1)^{\alpha _1 -1}} + \ldots + \frac{A_1^{[2]}}{(x-x_1)^{2}} + \frac{A_1^{[1]}}{x-x_1}
\quad + \] \[\qquad \frac{A_2^{[\alpha _2]}}{(x-x_2)^{\alpha _2}} + \frac{A_2^{[\alpha _2
-1]}}{(x-x_2)^{\alpha _2 -1}} + \ldots + \frac{A_2^{[2]}}{(x-x_2)^{2}} + \frac {A_2^{[1]}}{x-x_2}\quad
+ \] \[\qquad \qquad \ldots \qquad + \qquad \ldots \qquad + \ldots + \qquad \ldots \quad + \quad
\ldots \qquad + \] \[\qquad \frac{A_m^{[\alpha _m]}}{(x-x_m)^{\alpha _m}} + \frac{A_m^{[\alpha _m
-1]}}{(x-x_m)^{\alpha _m -1}} + \ldots + \frac{A_m^{[2]}}{(x-x_m)^{2}} + \frac {A_m^{[1]}}{x-x_m} \]
\(g(x)\) ist im Fall III ein Polynom ohne reelle Nullstellen, es lässt sich nicht als Produkt
von Linearfaktoren darstellen. \[\qquad g(x)=(x^2 + p_1x+ q_1) + (x^2 + p_2x+ q_2) + \ldots + (x^2 + p_nx+
q_n) \]
Die Diskriminante ist kleiner als Null, die Lösung der quadratischen Gleichung
somit imaginär. Im Komplexen gäbe es eine lineare Lösung.
Beispiel:
\[\qquad g(x)=x^3 - x^2 + 9x -9=(x-1) (x^2+9)
\]
\((x^2+9)\) ist ein quadratischer Term, der nicht weiter zerlegbar ist. \[\qquad
x_{1/2}=2 \pm \sqrt{4-13}=2 \pm \sqrt{-9} \] \[\qquad x_{1}=2 + 3i \qquad x_{2}=2 - 3i \] \[\qquad
\rightarrow \frac{A_1}{x-2-3i} + \frac{A_2}{x-2+3i} \]
Unter Verwendung komplexer
Zahlen könnte man folgenden Ansatz wählen: \[\qquad \frac{f(x)}{g(x)}=\frac{A_1}{(x-x_1)} +
\frac{A_2}{(x-x_2)} + \ldots + \frac{A_{\omega}}{(x-x_{\omega})} \] \(x_i\) sind keine reellen, sondern
komplexe Nullstellen.
Andererseits kann das Auftreten von
komplexen Größen ganz vermieden werden, indem man die Partialbrüche, die zu den jeweiligen Paaren komplexer
Nullstellen gehören auf einen gemeinsamen Nenner bringt. Da das Produkt und die Summe zweier
konjugiert-komplexer Zahlen immer reell sind, ist der so entstehende Partialbruch auch reell.
Beispiel:
\(B\) und \(C\) seien komplex. Man vereinigt die beiden letzten Partialbrüche auf:
\[\qquad s(x)=\frac {7x^2-1x-30}{x^3-6x^2+10x}=\frac{A}{x} + \frac{B}{x-3+i} + \frac{C}{x-3-i}=\frac{A}{x}
+\frac {Bx+C}{x^2-6x+10} \]
Koeffizientenbestimmung führt
zu: \[\qquad s(x)=\frac{-3}{x} +\frac{10x-19}{x^2-6x+10} \]
und die Rechenregeln der
Partialbruchintegrale liefert die Stammfunktion: \[\qquad S(x)=-3\ln \left (\left
|x\right |\right )+5\ln \left (x^2-6x+10\right )+11\arctan \left (x-3\right ) \]
Fazit:
Hat das Nennerpolynom nur einfache, komplexe Faktoren, so ist folgende Zerlegung möglich. \[\qquad s(x)=\frac{B_1x+C_1}{x^2+b_1x+c_1} + \frac{B_2x+C_2}{x^2+b_2x+c_2} + \ldots + \frac{B_{\omega}x+C_{\omega}}{x^2+b_{\omega}x+c_{\omega}} \]
Tritt eine komplexe Nullstelle \(x-x_m\) mehrfach auf, dann hat \(g(x)\) die Form: \[\qquad
g(x)=(x^2 + p_1x+ q_1)^{s_1} + (x^2 + p_2x+ q_2)^{s_2} + \ldots + (x^2 + p_nx+ q_n)^{s_n} \]
Beispiel:
\[\qquad \frac{1}{(x^2+1)^2
\cdot (x-3)}=\frac{A}{(x-3)} + \frac{B^{[2]}x+C^{[2]}}{(x^2+1)^2} + \frac{B^{[1]}x+C^{[1]}}{x^2+1} \]
Multiplikation mit Hauptnenner:
\[\qquad 1=A(x^2 + 1)^2
+(B^{[1]} x + C^{[1]})(x-3)(x^2+1)+(B^{[2]} x + C^{[2]})(x-3) \] \[\qquad \quad=Ax^4 + 2Ax^2 + A +
B^{[1]}x^4 + B^{[1]}x^2 - 3B^{[1]}x^3 - 3B^{[1]}x \] \[\qquad \qquad + C^{[1]}x^3 + C^{[1]}x - 3C^{[1]}x^2 -
3C^{[1]} + B^{[2]}x^2 - 3B^{[2]}x + C^{[2]}x - 3C^{[2]} \] \[\qquad \quad=x^4(A+B^{[1]}) +x^3(-3B^{[1]} +
C^{[1]}) + x^2(2A + B^{[1]} -3C^{[1]} + B^{[2]}) \] \[\qquad \qquad +x (-3B^{[1]} + C^{[1]} -3B^{[2]} +
C^{[2]}) + (A-3C^{[1]}-3C^{[2]}) \]
Mit Hilfe der Methode des
Koeffizientenvergleichs ergibt sich: \[\qquad A=\frac{1}{100} \qquad B^{[1]}=-\frac{1}{100} \qquad
B^{[2]}=-\frac{1}{10} \qquad C^{[1]}=-\frac{3}{100} \qquad C^{[2]}=-\frac{3}{10} \]
Zusammengefasst ist also die Lösung der Aufgabe: Integrieren Sie:
\[\qquad \int \frac{1}{(x^2+1)^2 \cdot (x-3)}\,dx=\int \frac{1}{100(x-3)}\,dx + \int
\frac{-\frac{x}{10}-\frac{3}{10}}{\left (x^2+1\right )^2}\,dx + \int \dfrac{-\frac{x}{100}-\frac
{3}{100}}{x^2+1}\,dx \]\[\qquad \quad=\dfrac{\ln \left (\left |x-3\right |\right )}{100} +
\dfrac{1-3x}{20\left (x^2+1\right )}-\dfrac{3\arctan \left (x\right )}{20} -\dfrac{\ln \left (x^2+1\right
)+6\arctan \left (x\right )}{200} \]\[\qquad \quad=\dfrac{\ln \left (\left |x-3\right |\right )}{100}
-\dfrac{\ln \left (x^2+1\right )}{200}-\dfrac{9\arctan \left (x\right )}{50}-\dfrac{3x-1}{20x^2+20} \]
Fazit:
Hat das Nennerpolynom mehrfache, quadratische Faktoren, so ist folgende Zerlegung
möglich:
\[\qquad g(x)=(x^2 + b_1x+ c_1)^{\beta _1} + (x^2 + b_2x+ c_2)^{\beta
_2} + \ldots + (x^2 + b_{\omega}x+ c_{\omega})^{\beta _{\omega}} \] Der quadratische Faktor \((x^2 +
b_1x+ c_1)\) kommt \(\beta _1\)-mal, …, \((x^2 + b_{\omega}x+ c_{\omega})\) kommt \(\beta
_{\omega}\)-mal vor.
Folgender Ansatz ist möglich: \[\qquad
\frac {B_1^{[\beta _1]} x + C_1^{[\beta _1]}}{(x^2 + b_1x+ c_1)^{\beta _1}} + \frac{B_1^{[\beta _1
-1]} x + C_1^{[\beta _1-1]}}{(x^2 + b_1x+ c_1)^{\beta _1 -1}} + \ldots + \frac{B_1^{[2]} x +
C_1^{[2]}}{(x^2 + b_1x+ c_1)^{2}} + \frac{B_1^{[1]} x + C_1^{[1]}}{x^2 + b_1x+ c_1} \quad + \]
\[\qquad \frac {B_2^{[\beta _2]} x + C_2^{[\beta _2]}}{(x^2 + b_2x+ c_2)^{\beta _2}} +
\frac{B_2^{[\beta _2 -1]} x + C_2^{[\beta _2-1]}}{(x^2 + b_2x+ c_2)^{\beta _2 -1}} + \ldots +
\frac{B_2^{[2]} x + C_2^{[2]}}{(x^2 + b_2x+ c_2)^{2}} + \frac{B_2^{[1]} x + C_2^{[1]}}{x^2 + b_2x+
c_2} \quad + \] \[\qquad \qquad \quad \quad \ldots \quad \quad + \qquad \qquad \ldots \qquad \quad
\quad + \ldots + \qquad \quad \ldots \quad \quad \quad + \qquad \quad \ldots \quad \qquad + \]
\[\qquad \frac{B_{\omega}^{[\beta _{\omega}]} x + C_{\omega}^{[\beta _{\omega}]}}{(x^2 + b_{\omega}x+
c_{\omega})^{\beta _{\omega}}} + \frac{B_{\omega}^{[\beta _{\omega} -1]} x + C_{\omega}^{[\beta
_{\omega}-1]}}{(x^2 + b_{\omega}x+ c_{\omega})^{\beta _{\omega} -1}} + \ldots + \frac{B_{\omega}^{[2]}
x + C_{\omega}^{[2]}}{(x^2 + b_{\omega}x+ c_{\omega})^{2}} + \frac{B_{\omega}^{[1]} x +
C_{\omega}^{[1]}}{x^2 + b_{\omega}x+ c_{\omega}} \]
Von der echt gebrochenrationalen Funktion \(s(x)=\frac{f(x)}{g(x)} \) sei die Produktdarstellung des Nenners bekannt. Zu jedem Faktor \((x-x_i)^{\alpha _i}\) in der Zerlegung des Nennerpolynoms gehört in der Darstellung von \(s\) eine Summe und zu jedem Faktor \((x^2+b_ix+c_i)^{\beta _i}\) gehört in der Darstellung eine Summe: \[\qquad \frac {f(x)}{g(x)}=\sum _{p=1}^{\omega} \sum _{v=1}^{\alpha _p} \frac{A_p^{[v]}}{(x-x_p)^v} + \sum _{q=1}^{\psi} \sum _{w=1}^{\beta _q} \frac{B_q^{[w]} x + C_q^{[w]}}{(x^2 + b_qx + c_q)^w} \] mit den zu bestimmenden, reellen Koeffizienten.
Um die jetzt noch fehlenden Zähler der Brüche zu bestimmen, sind drei unterschiedliche Verfahren vorhanden, die sich je nach Beschaffenheit der Partialbrüche mehr oder weniger eignen.
Der einfache echt gebrochenrationale Bruch \[\qquad s(x)=\frac{f(x)}{g(x)}=\frac
{2x-\frac{1}{3}}{(x-1)\cdot (x+3)} \] dessen Primfaktorzerlegung bekannt ist, soll mit Hilfe dieser Methode
gelöst werden. \[\qquad \frac{2x-\frac{1}{3}}{(x-1)\cdot (x+3)}=\frac{A'+B'}{N_1 \cdot N_2}=\frac{A}{N_1} +
\frac{B}{N_2} \] \(A'=2 \), \(B'=-\frac{1}{3} \), \(N_1=(x-1)\) und \(N_2=(x+3)\). \(A\) und \(B\) müssen
bestimmt werden.
Durch Multiplikation mit
\(g(x)=N_1 \cdot N_2\) erhält man: \[\qquad 2x-\frac {1}{3}=A \cdot N_2 + B \cdot N_1 \] \[\qquad
2x-\frac{1}{3}=A \cdot (x+3) + B \cdot (x-1) \] \[\qquad 2x-\frac{1}{3}=x \cdot (A+B) + 1 \cdot (3A-B) \]
\(x\) (oder alternativ geschrieben \(x^1\)) hat auf der linken Seite den Koeffizient
\(2\), auf der rechten Seite muss er auch \(2\) sein, damit die Gleichung erfüllt ist, also folgt: \[\qquad
2=A + B \] \(1\) (oder alternativ geschrieben \(x^0\)) hat auf der linken Seite den Koeffizient
\(-\frac{1}{3}\), auf der rechten Seite muss er auch \(-\frac{1}{3}\) sein, damit die Gleichung erfüllt ist,
also folgt: \[\qquad -\frac{1}{3}=3A - B \]
Man hat nun zwei lineare Gleichungen, die
sich mit dem Additionsverfahren oder Gleichsetzungsverfahren lösen lassen. Beide Gleichungen addiert ergibt:
\[\qquad \frac{5}{3}=4A \quad \rightarrow \quad A=\frac{5}{12} \quad \text{und} \quad B=\frac{19}{12} \]
Ein weiteres Beispiel bei mehrfachen
Faktoren:
\[\qquad \frac{x+2}{x^6+x^4-x^2-1} \]
Nullstellen
\(x_1=1\) und \(x_2=-1\)
\[\qquad (x-1)(x+1)(x^2+1)(x^2+1) \]
\[\qquad \frac{A_1}{x-1} + \frac{A_2}{x+1} + \frac{B_1^{[1]} x + C_1^{[1]}}{x^2+1} + \frac{B_1^{[2]} x +
C_1^{[2]}}{(x^2+1)^2} \]
Multiplikation mit Nenner: \[\qquad
x+2=A_1 (x+1) (x^2+1)^2 + A_2 (x-1) (x^2+1)^2 + \] \[\qquad \qquad \quad (B_1^{[1]} x + C_1^{[1]})
(x-1)(x+1)(x^2+1) + (B_1^{[2]} x + C_1^{[2]}) (x-1)(x+1) \]
Ermittlung der Koeffizienten durch Vergleich: \[\qquad x^0 \qquad 2=A_1 - A_2 -
C_1^{[1]} - C_1^{[2]} \] \[\qquad x^1 \qquad 1=A_1 - A_2 - B_1^{[2]} \] \[\qquad x^2 \qquad 0=2A_1 - 2A_2 +
C_1^{[2]} \] \[\qquad x^3 \qquad 0=2A_1 + 2A_2 + B_1^{[2]} \] \[\qquad x^4 \qquad 0=A_1 - A_2 + C_1^{[1]} \]
\[\qquad x^5 \qquad 0=A_1 + A_2 + B_1^{[1]} \]
Daraus folgt: \[\qquad C_1^{[2]}=-1
\qquad B_1^{[2]}=-\frac{1}{2} \qquad C_1^{[1]}=-\frac{1}{2} \qquad B_1^{[1]}=-\frac {1}{4} \qquad
A_2=-\frac{1}{8} \qquad A_1=\frac{3}{8} \]
Daraus resultieren folgende Partialbrüche:
\[\qquad \frac{\frac{3}{8}}{x-1} + \frac{-\frac{1}{8}}{x+1} + \frac{-\frac {1}{4} x -\frac{1}{2}}{x^2+1} +
\frac{-\frac{1}{2} x -1}{(x^2+1)^2} \]
Fazit:
Ist der Grad des Nenners \(m\), so hat man genau \(m\) unbekannte Koeffizienten zu ermitteln (von denen einige auch \(=0\) sein können). Für den Koeffizientenvergleich entstehen \(m\) lineare Gleichungen. Damit sind diese Gleichungen eindeutig und lösbar.
Wiederum soll der schon bekannte, einfache echt gebrochenrationale Bruch \[\qquad \frac
{2x-\frac{1}{3}}{(x-1)\cdot (x+3)}=\frac{A_1}{(x-1)} + \frac{A_2}{(x+3)} \] gelöst werden, diesmal mit Hilfe
der Einsetzmethode.
Dazu muss mit dem Hauptnenner multipliziert
werden. \[\qquad 2x-\frac{1}{3}=A_1 \cdot (x+3) + A_2 \cdot (x-1) \]
In diese Gleichung
müssen nun so viele unterschiedliche \(x\)-Werte aus dem Definitionsbereich (also keine Nullstellen)
eingesetzt werden, wie Koeffizienten vorhanden sind. Wenn man für \(x\) einmal \(4\) und dann \(5\)
einsetzt, erhält man 2 neue Gleichungen. \[\qquad x_1=4 \qquad 8-\frac{1}{3}=7A_1 + 3A_2 \] \[\qquad x_2=5
\qquad 10-\frac{1}{3}=8A_1 + 4A_2 \] \[\qquad \qquad \rightarrow \quad A_1=\frac {5}{12} \quad \text{und}
\quad A_2=\frac{19}{12} \]
Ein weiteres
Beispiel bei mehrfachen Nullstellen:
\[\qquad
\frac{x-6}{x^2-10x+25}=\frac{x-6}{(x-5)\cdot (x-5)}=\frac{ A^{[1]}}{(x-5)} + \frac{ A^{[2]}}{(x-5)^2} \]
Erneut mit dem Hauptnenner multiplizieren: \[\qquad A^{[2]} + A^{[1]}\cdot (x-5)=x-6
\]
Einsetzen von beliebig gewählten Werten \(x=10\) und \(x=20\) \[\qquad A^{[2]} + 5
A^{[1]}=4 \] \[\qquad A^{[2]} + 15 A^{[1]}=14 \]
Durch Gleichsetzen erhält man
\[\qquad A^{[2]}=-1 \quad \text{und} \quad A^{[1]}=1 \]
Fazit:
Die Anzahl der beliebig zu wählenden Werte zum Einsetzen für \(x\) und der Grad des Nenners \(m\) stimmen überein. Wiederum erhält man aus \(m\) Gleichungen eindeutig \(m\) Koeffizienten.
Und ein drittes und letztes Mal soll der einfache echt gebrochenrationale Bruch \[\qquad \frac
{2x-\frac{1}{3}}{(x-1)\cdot (x+3)}=\frac{A_1}{(x-1)} + \frac{A_2}{(x+3)} \] gelöst werden, diesmal mit Hilfe
der Grenzwertmethode.
Multiplikation mit \((x-1)\): \[\qquad
\frac{2x-\frac{1}{3}}{(x+3)}=A_1 + \frac{A_2 \cdot (x-1)}{(x+3)} \] Lässt man nun \(x\) auf beiden Seiten
gegen \(1\) streben (das direkte Einsetzen verbietet sich, weil außerhalb des Definitionsbereichs), so folgt
daraus: \[\qquad \frac{5}{12}=A_1 + 0A_2 \]
Analog dazu multipliziert man die Gleichung
mit \((x+3)\), lässt \(x\) auf beiden Seiten gegen \(-3\) streben und erhält \(A_2=\frac{19}{12}\).
Die Grenzwertmethode führt oft sogar am schnellsten bei zum Ziel.
Fazit:
Durch Einsetzen der „verbotenen Werte“, weil auf beiden Seiten der Gleichung stetige Funktionen stehen, kann der Grenzwerte der zunächst außerhalb des Definitionsbereiches liegenden Werte verwendet werden.
Bei einfachen Nullstellen bietet sich der Koeffizientenvergleich an, bei mehrfachen das
Einsetzverfahren.
Die Koeffizientenvergleichsmethode wird bei einer großen Zahl von
Partialbrüchen schnell unübersichtlich. Es bietet sich an, die den höchsten Potenzen der Linearfaktoren
entsprechenden Unbekannten nach der Grenzwertmethode, die übrigen nach der Koeffizientenvergleichsmethode zu
bestimmen.
Ganz besonders einfach werden die erforderlichen
Rechnungen, wenn der Nenner nur einfache reelle Nullstellen hat. \[\qquad s(x)=\frac{f(x)}{g(x)} \qquad g(x)
\text{ nur reelle Nullstellen 1.Ordnung} \]
Beispiel:
\[\qquad \frac
{f(x)}{g(x)}=\frac{4x-1}{x^2-5x+6}=\frac{A_1}{x-3} + \frac{A_2}{x-2} \]
aus \(g(x)=x^2 -5x+6\) folgt die Ableitung \(g'(x)=2x-5\) und damit \[\qquad \frac
{f(x)}{g'(x)}=\frac{4x-1}{2x-5} \] \[\qquad A_1=\frac{f(3)}{g'(3)}=11 \quad \text{und}\quad
A_2=\frac{f(2)}{g'(2)}=-7 \]
Durch die vorhergehenden Schritte ist jetzt jede gebrochenrationale Funktion in Partialbrüche
aufgespalten, diese sind zu integrieren.
Der ganzrationale
Anteil, der durch die Polynomdivision entstanden ist, lässt sich anhand des
Grundintegrals integrieren: \[\qquad r(x)=\int \sum _{v=0}^m b_v x^v\,dx=\sum _{v=0}^m \frac{b_v}{v+1}
x^{v+1} \]
Die Partialbrüche selbst liegen wegen der ausführlich
erklärten Fallunterscheidung in 4 verschiedenen Basisformen vor.
\[\qquad s(x)=\frac{A}{x-x_0} \]
Durch Ausklammern des Zählers, also der
Konstanten \(A\), ist der Integrand auf die Form \(\frac{\text{Ableitung}}{\text{Funktion}} \) gebracht
worden. Für diese Form der Grundintegrale folgt als Lösung der natürliche Logarithmus des Nenners.
\[\qquad \int \frac{A}{x-x_0}\,dx=A \ln | x-x_0 | \]
\[\qquad s(x)=\frac{A^{[2]}}{(x-x_0)^2} + \frac{A^{[1]}}{x-x_0} \]
Die im
Kapitel (1.6) über Grundintegrale vorgestellten Rechenregeln erlaubten folgende Umformung: \[\qquad \int
\Bigl (\frac{A^{[2]}}{(x-x_0)^2} + \frac{A^{[1]}}{x-x_0} \Bigr )\,dx=\int \frac {A^{[2]}}{(x-x_0)^2}\,dx +
\int \frac{A^{[1]}}{x-x_0}\,dx \]
Das rechte Integral ist bekannt. (siehe oben)
Das linke Integral löst man durch Substitution von \((x-x_0)=u\), \(dx=du\) \[\qquad
A^{[2]} \cdot \int \frac{1}{u^2}\,du=A^{[2]} \cdot \Bigl ( - \frac{1}{u}\Bigr ) \]
Durch Rücksubstitution erhält man die Stammfunktion:
\[\qquad
\int \Bigl (\frac{A^{[2]}}{(x-x_0)^2} + \frac{A^{[1]}}{x-x_0} \Bigr )\,dx=- \frac{A^{[2]}}{x-x_0} + A^{[1]}
\ln | x-x_0 | \]
Diese Herleitung anhand einer doppelten
Nullstelle lässt sich verallgemeinern auf n-fache reelle Nullstellen: \[\qquad \int \sum _{i=1}^n
\frac{A^{[i]}}{(x-x_0)^i}\,dx=- \sum _{i=1}^{n-1} \frac {A^{[i+1]}}{i(x-x_0)^i} + A^{[1]} \ln | x-x_0 |
\]
\[\qquad s(x)=\frac{Bx + C}{x^2+px+q} \]
Zur Bestimmung der Stammfunktion
wird wieder substituiert. Davor formt man den Nenner mit Hilfe der quadratischen Ergänzung um: \((x^2
+px+q)=(x-s)^2 +t^2\). Man unterscheidet zwei Unterfälle, je nachdem ob der Zählergrad \(0\) oder \(1\)
ist.
\[\qquad \int \frac{C}{x^2+px+q}\,dx=\frac {2C}{\sqrt{4q-p^2}} \cdot \arctan \Bigl
(\frac{2x+p}{\sqrt{4q-p^2}}\Bigr ) \]
\[\qquad \int \frac{Bx +
C}{x^2+px+q}\,dx=\frac{B}{2} \ln (x^2+px+q) + (C -\frac {pB}{2}) \cdot \int \frac{1}{x^2+px+q} \,dx \]
Ausführliche Herleitung in Weissinger,
Johannes: Vorlesungen zur Höheren Mathematik; S. 176-177
\[\qquad s(x)=\frac{Bx + C}{(x^2+px+q)^n} \]
Erneut gibt es zwei
Unterfälle, je nach Beschaffenheit des Zählergrads. Die Herleitung der Stammfunktion sprengt den Rahmen
dieser Arbeit und findet sich in obigem Buch (Weissinger, Johannes: Vorlesungen zur Höheren Mathematik).
\[\qquad
\int \frac{C}{(x^2+px+q)^{n+1}}\,dx=-\frac{C}{(4q-p^2)n} \cdot \frac {2x+p}{(x^2+px+q)^{n}} +
\frac{2}{4q-p^2} \cdot \frac{2n-1}{n} \cdot \int \frac{C}{(x^2+px+q)^{n}}\,dx \]
\[\qquad \int \frac{Bx + C}{(x^2+px+q)^n}\,dx=-\frac{B}{2(n-1)} \cdot \frac
{1}{(x^2+px+q)^{n-1}} + (C -\frac{pB}{2}) \cdot \int \frac{1}{(x^2+px+q)^n}\,dx \]
|
|
|
Nullstelle | Partialbrüche | Stammfunktion |
|
|
|
reell und einfach | \(\frac {A}{x-x_0} \) | \(\ln |x-x_0| \) |
|
|
|
reell und mehrfach | \(\frac{A}{(x-x_0)^{n}} \) | \(- \frac{A (x-x_0)^{-(n-1)}}{(n - 1)} \) |
|
|
|
\( \frac{C}{x^2+px+q} \) | \(\frac{2C}{\sqrt{4q-p^2}} \cdot \arctan \Bigl (\frac{2x+p}{\sqrt{4q-p^2}}\Bigr )\) | |
komplex und einfach | ||
\( \frac{Bx+C}{x^2+px+q} \) | \(\frac{B}{2} \ln (x^2+px+q) + (C -\frac{pB}{2}) \cdot \int \frac {1}{x^2+px+q} \,dx\) | |
|
|
|
\( \frac{C}{(x^2+px+q)^{n+1}} \) | \( -\frac{C}{(4q-p^2)n} \cdot \frac{2x+p}{(x^2+px+q)^{n}} + \frac {2}{4q-p^2} \cdot \frac{2n-1}{n} \cdot \int \frac{C}{(x^2+px+q)^{n}}\,dx\) | |
komplex und mehrfach | ||
\( \frac{Bx+C}{(x^2+px+q)^n} \) | \(-\frac{B}{2(n-1)} \cdot \frac{1}{(x^2+px+q)^{n-1}} + (C -\frac {pB}{2}) \cdot \int \frac{1}{(x^2+px+q)^n}\,dx\) | |
|
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Die Partialbruchzerlegung ist eindeutig lösbar, bis auf die Reihenfolge der Partialbrüche.